An der Liebfrauenschule wurde der stellvertretende Schulleiter Peter L. Born verabschiedet.

A. Loga

Am letzten Schultag verabschieden sich an der Schule Schüler und Lehrer untereinander – in der Vorfreude, dass sie sich in 6 Wochen erholt wiedersehen. Für manche ist es allerdings buchstäblich der allerletzte Schultag. So auch für den Stellvertretenden Schulleiter der Liebfrauenschule, Herrn Peter L. Born, der nach 35 Jahren überaus engagierten Wirkens an seiner Schule – davon 10 Jahre als stellvertretender Schulleiter – in den Ruhestand versetzt wird. Die Lage seines Büros (Foto) am Eingang des alten Schulhauses zeigt das vorrangige Bestreben von Peter L. Born mittendrin zu sein: gegenüber dem Sekretariat, an dem die Schülerinnenströme vorbeigehen und gegenüber dem Lehrerzimmer- mit dem Blick nach draußen auf alle, die die Schule betreten – eben nahe dran.

Peter L. Born, der in Cloppenburg in Niedersachsen im Münsterland geboren wurde, studierte Englisch und Geschichte in Mainz und kam 1985 zunächst vertretungsweise an die Schule. Er prägte das Profil der Schule in vielen Bereichen, insbesondere da, wo sich neue Aufgaben für die Schulen auftaten.

Sehr gern übernahm Born das Amt des Klassenlehrers in den 5-7 Klassen – in dem Wissen, dass die ersten Jahre an der weiterführenden Schule prägend für den schulischen Werdegang der Schülerinnen sind. Als überzeugter Pädagoge übernahm er gerne erzieherische Aufgaben als „Klassenpappi“.

 Als Lehrer für Politik und Wirtschaft schlug sein Herz für Kontakte mit Osteuropa und für die Partnerstädte Bensheims. Er förderte den Austausch mit Tschechien, Ungarn und Polen – in der festen Überzeugung, dass der Schlüssel für ein besseres Zusammenwachsen der Länder in der persönlichen Begegnung zwischen Menschen liegt. Die „Ostfahrten“ hielt er nach der Zeit des kalten Krieges für ein Zusammenwachsen für besonders wichtig. Die Planung und Durchführung von Fahrten machten ihm immer viel Freude; 10 Jahre war Peter L. Born für die Organisation und Durchführung von Sprachreisen in die englische Stadt Poole aktiv.

Ein weiteres neues Feld war zu Beginn der 90er die Professionalisierung der Berufsorientierung an der Schule: die Koordination der Betriebspraktika der 9. Klassen sowie die Einführung und Organisation der Oberstufenpraktika im In- und Ausland, die Leitung von ganztägigen hausinternen Bewerbungstraining-Workshops der Jahrgangsstufen und die Gestaltung eines berufs- und studienbezogenen Veranstaltungskalenders. Dies war auch die Gelegenheit, mit dem Unterrichten von Business-Englisch und bilingualem Geschichtsunterricht seine Fächer Englisch, Geschichte und Politik und Wirtschaft miteinander zu verbinden.

Für Born war es ein wichtiges Bestreben, ökologische Anliegen in die Schule einzubringen. Er förderte die Erlangung des Zertifikates „Umweltschule“ sowie die Institution des „grünen Tages“, an dem die verschiedenen Altersstufen der Schülerinnen am Ende des Schuljahres Projekte durchführen. Der „grüne Tag“ soll ein Bewusstsein für ökologische Fragen schaffen und den pfleglichen Umgang der jungen Mädchen mit der Umwelt fördern.

Stets war Born offen für Neues. Er verließ gerne die Komfortzone, um in dem im Jahre 2012 neu eingerichteten Realschulzweig zu unterrichten. Besonders am Herzen lag ihm die Begleitung von Schülerinnen, die aufgrund häuslicher Umstände erschwerte Startbedingungen hatten.

Ein wichtiges Betätigungsfeld für einen durch und durch demokratisch gesinnten Menschen war seine Tätigkeit im Personalrat, dem er zuletzt als Vorsitzender vorstand. Solchermaßen „beschlagen“ kannte er die Belange des Kollegiums sehr gut, bevor er 2010 quasi die Seiten zur Schulleitung wechselte. Als Leitfaden seiner Arbeit und als Triebfeder seiner pädagogischen Arbeit kann die feste Überzeugung gelten, dass an einer Schule, die ihrer christlichen Prägung auch ihr Selbstverständnis als Erziehungsgemeinschaft verdankt, der vertrauensvolle Umgang zwischen Schülerinnen, Lehrkräften, Mitarbeitern und Eltern von zentraler Bedeutung ist. Dem entsprechend setzte er in seiner Funktion als Stellvertreter neue Akzente. Mit der Einführung des LFS- Talks, d. h. regelmäßiger Gesprächsrunden zwischen allen Schülerinnen der einzelnen Jahrgänge  und Schulleitung zielte er an, das demokratische Bewusstsein fördern, das Partizipationsgefühl stärken und zur Mitgestaltung der Schule aktivieren. Der Austausch über Verbesserungswürdiges nährt bei allen das Gefühl, dass dies „unsere Schule“ ist. Diese Haltung setzt – auf der Basis gegenseitigen Vertrauens –  viele Kräfte frei. Das galt für die vertrauensvolle Zusammenarbeit im Kollegium die, Planung von Arbeitsabläufen und die einvernehmliche Umsetzung pädagogischer Neuerungen. In der festen Überzeugung, dass für eine positive Schulentwicklung das Gespräch die Grundlage ist, plädierte Born in vielen Bereichen – wie z. B. bei Elterngesprächen – für echten Austausch und gegenseitiges Zuhören. Bei den Lehrerfortbildungen des Kollegiums stand denn auch die Gesprächsführung immer on Top.

In seiner Funktion als stellvertretender Schulleiter nahmen im Bereich der Schulentwicklung die baulichen Veränderungen an der LFS einen großen Raum ein. Neben dem spannenden Einblick in durchaus praktische Aspekte des Ingenieurwesens war hier auch der politische Instinkt gefragt, in verschiedenen Gremien gemeinsam mit allen Beteiligten das jeweils Beste für die Liebfrauenschule zu erreichen. Bei der Arbeit waren Peter L. Born und die Schulleiterin Frau Sabine Nellessen-Kohl ein Dream-Team.

Bei all den vielfältigen Anforderungen, die an den Stellvertreter gestellt sind, war Peter L. Born immer ein Mann von großem Humor, der deutliche Worte zu finden konnte, aber auch eine Situation durch einen lustigen Spruch zu entschärfen wusste und gerne lachte. Schaffen und Feiern gehörten für den Katholiken immer zusammen. Bei einer Körpergröße von über 1,90 m mit wohlklingenden Bass ausgestattet, war er überall zu hören und entwickelte er sowohl in der LFS mit ihrer Spezialität des Lehrerballetts auf jedem Abiball und beim Rock’n Roll Tanzen ungeahnte Kräfte. Dies brachte ihm den Spitznamen „Bär“ ein. Diese Kräfte kamen der Schule auch bei seinem bärenstarken Auftritt in Corona-Zeiten zugute. Hier entwickelte er noch einmal ausgeprägten Ehrgeiz, bei den besonders aufwändigen Abituraufsichten die Kollegenbelange im Auge zu behalten, beim Betreuungsangebot auch eine künstlerische Förderung im Sinne ganzheitlicher Pädagogik mit einfließen zu lassen. Im Präsenzunterricht ab Mai sollten die Schülerinnen außer dem Unterricht in den Hauptfächern auch Zeit und Raum erhalten, sich über das Erlebte auszusprechen und Erfahrungen aufzuarbeiten.

Wenn man die leitenden Prinzipien seiner Amtszeit betrachtet, waren neben seinem pädagogischen Ethos und seinem Humor Treue und Verantwortungsgefühl hervorstechende Persönlichkeitsmerkmale – Eigenschaften, die für die Funktion eines stellvertretenden Schulleiters von immenser Bedeutung sind. Dementsprechend gestaltete die Schulgemeinde auch unter Corona-Bedingungen einen herzlichen Abgang mit passendem Parcours durch das Schulhaus mit von einzelnen Klassen vorbereiteten Stationen vom englischen Tanz bis zum Escape-Room und einer letzten Durchsage für den „groovenden Bär“ (Song der Wise Guys); das Kollegium wird sich auf einer eigenen Feier im neuen Schuljahr verabschieden.

In seiner letzten Rede beim Realschulabschlussfest beschrieb Born die Anforderungen, Gefahren Anstrengungen einer Bergbesteigung als Bild für den schulischen Werdegang einer Realschülerin. Seine Worte mögen auch für ihn gelten: Die Anstrengung war groß, aber oben auf dem Berg ist die Aussicht am besten. Mit Blick auf die Liebfrauenschule kann man nur sagen: Das Land ist bestellt.