Ein neuer Schulleiter für die LFS

Dirk Rosenberger, B.A. vom 14.01.2023

Mirko Schnegelberger hat zum Jahreswechsel die Nachfolge von Ursula Machnik angetreten.

Sorgen um die Zukunft „seiner“ Liebfrauenschule macht sich Mirko Schnegelberger nicht. Der neue Schulleiter weiß mit dem Kolping-Bildungswerk Württemberg einen verlässlichen Partner an der Seite des privaten Mädchengymnasiums.

Bis vor etwas mehr als einem Jahr war allerdings unklar, wohin die Reise gehen würde. Das Bistum Mainz hatte angekündigt, sich aus finanziellen Gründen aus der Trägerschaft zu verabschieden (wir haben berichtet). Einen Nachfolger zu finden, beschäftige die Schule einige Zeit. „Wir waren sehr froh, als die Zusage kam. Und sind es immer noch.“

Im Sommer wird der Wechsel vollzogen, den jetzt schon fließenden Übergang gut zu begleiten und sinnig nach außen zu kommunizieren, bezeichnet Schnegelberger als eine der zentralen aktuellen Aufgaben. Der neue Mann in der Führungsposition des traditionsreichen Gymnasiums ist dabei tatsächlich ein bekanntes Gesicht im Kollegium. Er absolvierte an der Liebfrauenschule bereits sein Referendariat, nach einer Zwischenstation in Rheinland-Pfalz kehrte er 2017 nach Bensheim zurück. „Ich wäre auch gerne gleich geblieben, es gab jedoch zu diesem Zeitpunkt keine Stelle.“

Weitere Schärfung des Profils

 Das änderte sich mit einem Anruf der damaligen Schulleiterin Sabine Nellessen-Kohl, die dem Mathe- und Physiklehrer eine Beschäftigung anbieten konnte. In den vergangenen beiden, durchaus schwierigen Jahren engagierte er sich bereits als Stellvertreter von Schulleiterin Ursula Machnik, die Ende des vergangenen Jahres aus dem aktiven Berufsleben ausgeschieden ist.

Schnegelberger bewarb sich um den Posten und erhielt den Zuschlag. Womit er und sein Team sich neben dem Trägerwechsel befassen, ist eine Schärfung des Profils. „Für uns ist es ein erklärtes Ziel, nicht nur die Allgemeinbildung zu vermitteln, sondern ebenso die einzelnen Persönlichkeiten zu stärken – und starke Frauen mit dem Abitur in die Welt entlassen“, erklärt Mirko Schnegelberger im Gespräch mit dieser Zeitung. Dieses Ziel sei trotz der allgemein besseren Abi-Schnitte und Uni-Abschlüsse junger Frauen aktueller denn je, da es manchen am Selbstbewusstsein fehle, dies auf ihr eigenes Können zurückzuführen.

Zwei im Sommer 2022 gestartete Pilotprojekte sollen dazu einen Beitrag leisten. Die Gründung einer MINT-Klasse (Schwerpunkt Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) in der Jahrgangsstufe 5 stieß auf mehr Interesse als es Plätze gab. In diesem Bereich ist das Missverhältnis bei den Studienabschlüssen von Männern und Frauen nach wie vor eklatant. „Als Mädchenschule ist es für uns deshalb ein wichtiges Anliegen, eine Förderung zu machen.“

Die Gründe liegen für den gebürtigen Gießener auf der Hand: In einer vernetzten Welt sind IT-Kenntnisse unerlässlich, darüber hinaus gibt es kaum einen Studiengang, der ohne Mathematik auskommt („auch wenn das viele Schüler nicht immer gerne hören“) – und bei den Naturwissenschaften stehe man immer vor Herausforderungen, was unter anderem momentan die Energiekrise zeige.

Bei der MINT-Klasse gehe es darum, dass die Schülerinnen in Projekten viel selbst erarbeiten mit eigenem Experimentieren. Dadurch könne die Begeisterung, die viele junge Mädchen aus dem Sachkundeunterricht an der Grundschule haben, erhalten werden.

Aufgrund der guten Erfahrungen in den zurückliegenden Monaten soll das Konzept fest in den Schulalltag integriert werden. Auf positive Resonanz stieß auch das zweite Projekt. Die Tablet-Klassen (ab Jahrgangsstufe 9) wurden vom Förderverein mit digitalen Endgeräten ausgestattet. Die Initialzündung für diesen Schritt war der Hybridunterricht in der Corona-Phase, wo die Vorteile des technikgestützten Unterrichts erahnt werden konnten. Die jetzt geschaffene einheitliche Infrastruktur und die Festlegung auf eine Plattform schufen die notwendigen technischen Voraussetzungen.

Die neunte Jahrgangsstufe halten Schulleiter wie Kollegium für einen günstigen Zeitpunkt, weil schon viele Basiskompetenzen bei den Schülerinnen vorhanden sind, deren Erwerb gestört werden würde, sollte zu früh mit technischer Unterstützung gearbeitet werden. Besonders Jüngere lernten viel mehr haptisch, beispielsweise durch zeichnen. Wenn man dies nur digital mache, könnten einige Kompetenzen nicht mehr erworben werden.

Beide Pilotprojekte sollen auch im nächsten Schuljahr fortgeführt werden. Im Entwicklungsprozess gehe es aber auch immer darum zu schauen, was funktioniert – und was eben nicht. „Für uns ist das ein Vorteil gegenüber staatlichen Schulen. Wir haben hier mehr Freiheiten, wenngleich wir als staatlich anerkannte Schule natürlich Maßgabenhaben, an die wir uns halten müssen“, bemerkt Schnegelberger. Aber man habe schon die Möglichkeit, innovativ Unterricht zu denken und Pilotprojekte auszuprobieren.

Als Liebfrauenschule wolle man sich gerne auf den Weg machen, um im Zusammenspiel mit dem Elternhaus und Schülerinnen Dinge zu verändern. Das sei eine Herausforderung, „macht mir aber Freude“.

Bald wieder dreizügig?

 In den nächsten Wochen wird sich außerdem entscheiden, ob das katholische Mädchengymnasium mit bislang zwischen 600 und 650 Schülerinnen wieder dreizügig werden kann, sprich drei fünfte Klassen den Unterricht im Sommer aufnehmen. Das Interesse an einer Aufnahme ist ansteigend vorhanden, die Nachfrage groß. Wobei selbst in den unsicheren Zeiten vor einem Jahr die Eltern der damaligen Viertklässler der Traditionseinrichtung nicht den Rücken kehrten. „Für uns war das Balsam für die Seele.“

Abgesehen vom pädagogischen Konzept und dem Alleinstellungsmerkmal als Mädchenschule sieht der junge Familienvater im „schönen historischen Schulgelände mit seiner Atmosphäre“ ein großes Plus. Allerdings sei durch die Innenstadtlage das Wachstum eingeschränkt, ein Grundstück dazukaufen und ein Gebäude bauen, das funktioniere nicht.

Ein dreizügiger gymnasialer Zweig mit 25, 26 Schülerinnen pro Klasse sei jedoch kein Problem. Diese Größenordnung werde immer bewusst angestrebt, größere Klassen mit mehr als 30 Kindern stünden im Widerspruch mit der erklärten individuelle Förderung.

Mit positiven Erwartungen blickt Mirko Schnegelberger auf die Zusammenarbeit mit dem Kolping-Bildungswerk. Mit dem für den kaufmännischen Part verantwortlichen Geschäftsführer funktioniere diese bereits sehr gut.

Die Kolping-Philosophie, Symbiosen zu nutzen, sei ebenfalls ein spannender Ansatz. In Heidelberg und Mannheim hat der Träger weitere Schulen unter seiner Verantwortung. Da gehe es schon darum, voneinander zu lernen und eine gute Vernetzung zwischen den Schulleitungen zu haben.

Für die Liebfrauenschule dürfte die Kombination aus neuem Träger und jungem Schulleiter sicherlich ein Gewinn sowie eine Garantie sein, ihr Profil weiter schärfen und die Bergsträßer Schullandschaft wie bisher bereichern zu können.

Foto: Thomas Zelinger