Die fünften Klassen greifen mit ihrem Stück „Mord – Ist doch egal“ Sensationslust und Mediengeilheit als Thema auf
Schnell wird das Handy gezückt
„Oh mein Gott, was ist passiert? Sie ist tot!“. So ganz klar ist es eigentlich gar nicht, was die Mädchen da im Stadtpark gesehen haben. Liegt da eine Leiche? Das Opfer eines Streits oder eines dummen Zufalls? Wurde jemand von einer alten Dame mit Rollator überfahren, von einem Tier angefallen oder hatte gar die Mafia die Hand im Spiel?
Die Spekulationen wuchern und werden als Gewissheiten anderen mitgeteilt. Das laute Martinshorn der herannahenden Polizei heizt die Stimmung weiter an. Endlich ist etwas los!
Mit ihrem Stück „Mord – ist doch egal“ griff die Kreativgruppe Theater der 5. Klassen der Liebfrauenschule bei den Schultheatertagen das Thema Sensationslust und Mediengeilheit auf. In einem geschickten Spiel, bei dem weitgehend die ganze Gruppe auf der Bühne ist, führt sie dem Publikum vor, welche Dimensionen die zunächst vielleicht harmlos erscheinende persönliche Neugier haben kann. Nachdem die Polizei gekommen ist, sehen die Gaffer noch lange keinen Anlass, nach Hause zu gehen. Im Gegenteil, die Absperrung durch das Flatterband führt zu einem lebhaften Gedrängel.
Per Whatsapp auch ein Video
Schon wird das erste Handy gezückt, um schnell ein Foto zu machen. Das darf man doch nicht, ruft jemand, doch das Blitzlichtgewitter ist nicht mehr zu stoppen. Zu schade, dass die Polizei alles gesperrt hat.
Per WhatsApp geht die Botschaft durch die Stadt: Hier ist ein Mord passiert. Atemlos folgt Post auf Post, die zugehörigen Emojis werden für die Zuschauer am Bühnenrand hochgehalten.
Es gibt viele, viele Likes und plötzlich auch ein neues Video! Aber ach, es ist nur Reklame für neue Kamerasoftware – personenbezogene Werbung, eigentlich nicht so gut – aber egal jetzt. Jeder hält sich für einen wichtigen Zeugen. Auch wenn vor dem Mikrofon der Presseleute dann doch niemand wirklich etwas zu berichten hat.
Gaffer behindern die Retter
Am nächsten Tag steht es in der Zeitung: Das Ganze war eine Rettungsübung im Stadtpark, die von den Gaffern behindert wurde. Die Leiche, der Mord, die Mafia – das war alles nur eine Lüge im Netz.
Doch Realität ist die tägliche Behinderung von Rettungsarbeiten durch Gaffer, zeigt ein echter Zeitungsartikel, den die Schauspielerinnen vorlesen. Aber wir haben doch gar nichts Schlimmes gemacht, denken die Schaulustigen. Doch, denn sowas ist strafbar! Das Stück der Liebfrauenschülerinnen endet mit einem Zitat aus dem Strafgesetzbuch. Laut Paragraf 201a wird mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft, wer Hilflose fotografiert und auch jeder, der solche Bilder in den sozialen Medien teilt.
Spielerinnen: Sofia Acosta, Henrike Bode, Anna Mayer, Nina Beller, Maxima Gallenstein, Olivia Kern, Lucienne Vratavic, Lena Bernet, Sonja Ganser, Matilda Glaser, Julia Grunwitz, Lina Krück, Helene Schumacher, Zoe von Mengersen, Luisa Backer, Jasmin Kärgelein, Emma Wiebe, Madleen Wiebe
Technik: Nele Kulke, Maria Mijatovic, Nathalie Parakenings
Spielleitung: Fr. Schäfer-Rehn
Kreativgruppe Theater der sechsten Klassen zeigt „Das geht zu weit!“
Die Tiere drehen den Spieß um
Vogelzwitschern, früher Morgen: Die Tiere im Zoo erwachen. Von den Schauspielern in zurückhaltender Kostümierung, aber umso treffender charakterisiert, melden sich all die Hühner, Kaninchen, Lamas, Pinguine und Kolibris und auch die laaaaangsamen Schildkröten zu Wort, die im Zoo zwar gepflegt und gefüttert werden, aber doch nicht so ganz glücklich sind. Schließlich erscheinen auch noch die Katzen – etwas überheblich, denn schließlich sind sie nicht eingesperrt wie die anderen Tiere.
Damit, was die Menschen den Tieren antun, beschäftigt sich das Stück „Das geht zu weit!“, der Beitrag der Kreativgruppe Theater der 6. Klassen der Liebfrauenschule zu den Schultheatertagen. Denn den wahren Bedürfnissen der Tiere wird der Zoo nicht gerecht. Hier ist es viel zu warm, meinen die Pinguine, und die Hühner beschweren sich, dass ihnen immer die Eier weggenommen und sie als „dumme Hühner“ beleidigt werden.
Die Kaninchen finden auch, dass die Menschen schlimm sind – immer wollen sie die Tiere streicheln, auch wenn die das gar nicht möchten. Außerdem haben die Menschen einen Kaninchen-Onkel erschossen. Den Kolibris ist der Käfig zu klein und noch dazu kommen ihnen die Menschen viel zu nah, „100 Meter Abstand“ bräuchten sie eigentlich. Auch die Lamas wollen nicht angefasst werden und überhaupt möchten sie nicht gern eingesperrt sein.
Kein unerwünschtes Kraulen mehr
Gerade spotten die Katzen, dass die Zootiere doch selbst schuld seien: Sie, die Katzen, hätten die Menschen schließlich im Griff. Da kommen die jugendlichen Zoobesucher. Sie sind etwas gelangweilt, aber streicheln wollen sie die Tiere trotzdem. Die Katzen quittieren das mit Kratzen. Da finden auch die anderen Tiere: Es reicht. Sie überreden die Katzen, mit ihren Krallen die Käfige zu öffnen. Jetzt drehen die Tiere den Spieß um und sperren die Menschen ein. Doch den Teenies macht das erstmal nichts aus, Hauptsache, sie haben ihr Handy dabei.
„Wir müssen uns organisieren“, meinen die Tiere und beschließen, eine Vereinbarung mit den Menschen zu treffen. Doch es ist gar nicht so leicht, einheitliche Forderungen aufzustellen, denn die Bedürfnisse der Tiere sind nicht alle gleich.
Aber auf vieles kann man sich einigen: Dass alle Tiere mit Respekt behandelt werden müssen und die gleichen Rechte wie die Menschen bekommen, zum Beispiel. Außerdem: Kein unerwünschtes Kraulen mehr und genügend Abstand. Menschen, die die Regeln brechen, sollen auf den Mond geschossen werden. Und was brauchen die Teenies? „Nie mehr Schule und immer einen vollen Akku“.
So wird es beschlossen. Die Tiere kehren in ihre jeweilige Heimat zurück und alle leben glücklich. Und, so lautete der Schlusssatz in diesem „Märchen“-Stück, wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.
Spielerinnen: Emilia Di Carlo, lda Gerauer, Hanna Ludwig, Maria Lufinha, Franziska Müller, Emma Bährer, Nelly Bremstaller, Francesca Fieraru, Anna Hommel, Aurelia Huys, Teresa Keßler, Alexa Klüss, Julia Neher, Sarah Rahenbrock, Annika Roschupkin, Hanna Wundrak, Emily Platz, Yuki Schäfer, Marleen Alder, Carla Boeck, Lilly Heldmann
Technik: Franziska Roth
Spielleitung: Fr. Ehret-Jeltsch
Theater AG der Klassen 7/8 feierte Premiere mit der Eigenproduktion „Sie ist weg!“
Die Pubertät – viel zu schön für diese Welt
Angesprochen waren Zuschauer der Klassen 6 bis 8, doch auch für Erwachsene, vor allem wenn sie Eltern sind, ist die Eigenproduktion der Theater-AG Klasse 7/8 der Liebfrauenschule unter Leitung von Christiane Ehret-Jeltsch höchst sehenswert.
„Sie ist weg!“ hatte bei den Schultheatertagen Premiere und überzeugte mit einer originellen, lehrreichen und sehr witzigen Darbietung, angekündigt als ein Krimi besonderer Art. Doch der offene Vorhang zeigt erstmal eine Bühne voller Kuscheltiere. Davor die Figur, um die sich letztlich alles drehen wird: „Ich bin’s, eure Pubertät. Ich bin 14 und viel zu schön für diese Welt“, stellt sie sich und ihre Hobbys – Chillen und Partymachen – vor, bevor sie den Platz freigibt für einen Reigen typischer Familienszenen.
Echte Erfahrungen in der freien Natur möchte eine Mutter den Töchtern vermitteln – aber die gibt es doch auch auf YouTube, meinen die. Das Ökofleisch aus der Tiefkühltruhe kommt bei den Jugendlichen schlecht an und sowieso sind sie sich einig: „Eltern machen uncool“.
Aber die sind auch nicht zimperlich in ihrem Urteil: „Ich steh vor meinem Kind und denke, sie ist über Nacht verblödet,“ meint eine Mutter.
Klarer Fall, die Pubertät nervt alle. Doch plötzlich ist sie weg – entführt, so heißt es und die Polizei beginnt die Fahndung. Zuhause ist aber wieder alles in Butter. Die Kinder kuscheln mit den erleichterten Eltern, sind süß und nett. Allzu lang währt die Freude nicht. Denn Kinder haben, heißt auch Quengelei anhören müssen, in aller Herrgottsfrühe geweckt werden und ständig aufpassen, dass nichts passiert.
Und wie sieht das eigentlich die Familie der Pubertät, zu der die kleine Schwester Kindheit, die Eltern als Erwachsene und die Omas als Alter gehören. In einer Talkshow zeigt die Familie Lebenslauf, dass es ohne Pubertät nicht geht, selbst wenn die Eltern und die kleine Schwester behaupten, froh zu sein, dass sie weg ist. Doch ohne Pubertät kämen die Menschen vielleicht erst mit dreißig in die Null-Bock-Phase, könnten erst als Erwachsene ihre Grenzen austesten und Instagram wäre pleite.
Kein Zweifel, die Pubertät wird dringend gebraucht! Gottlob, sie war gar nicht entführt, sondern einfach nur mal weg, weil sie es leid war, für alles verantwortlich zu sein. Die Eltern freuen sich, dass sie fortan nicht mehr tagein tagaus „Bibi & Tina“ hören müssen. Dafür geht gleich das Feilschen wieder los, um welche Uhrzeit abends nach Hause zu kommen ist. Schöner Gag am Ende: Es erscheint die männliche Pubertät, bislang ging es nur um die weibliche Variante. Kein Wunder, wo doch jeder weiß, dass die männliche Pubertät immer später kommt.
Spielerinnen: Antonia Ehnes, Maren Herzog, Linn Rügamer, Vanessa Wiebe, Chiara-Marie Piciullo, Lara Moritz, Marijana Wetzel, Sumaya Muuse, Catharina Neundörfer, Samantha Opper, Jolina Kindinger, Marta Lufinha, Fatema Saleh, Lene Vogler, Patricia Bolle
Technik: Franziska Roth
Spielleitung: Christiane Ehret-Jeltsch
Eigenproduktion der „Theater -AG der Großen“: Macht macht mächtig! Euer Ernst?
Es geht um Macht, Geld, Freiheit, Glück
Macht, Geld, Weltherrschaft, Freiheit, Glück – um weniger geht es nicht bei dem dystopischen Stück „Macht macht mächtig! Euer Ernst?“, einer Eigenproduktion der „Theater AG der Großen“ an der Liebfrauenschule. Die Handlung spielt im postdigitalen Zeitalter.
Klimakatastrophen und Kriege waren dabei gewesen die Welt zu zerstören, doch obwohl sie es erkannt hatten, machten die Menschen weiter wie bisher. Da brachte eine Frau – „gütig, begabt und einzigartig“ – die Alleinherrschaft an sich und rettete die Welt.
Seitdem gibt es keine Probleme mehr. Die Menschen müssen nicht mehr denken. Es wird für sie gesorgt. Bei einem anmutigen Tücherreigen verkünden sie, was ihnen die Herrscherin eingeredet hat, obwohl sie noch nicht mal eigene Namen haben, sondern nur Nummern sind: Jeder einzelne ist wertvoll, wichtig, wunderbar und erhaben.
Derart eingelullt und manipuliert erfüllen sie die ihnen zugewiesenen Aufgaben und arbeiten tagein tagaus in der Marzipanrosenerschafferkolonie oder der Papierfaltschachtelerweckerkolonie, ohne etwas über weitere Zusammenhänge zu wissen. Alles scheint friedvoll und einfach. Doch darf die Bevölkerung nicht mehr als eine Million Menschen umfassen, damit alles funktioniert.
Wer muss sterben, wer darf leben?
Und so kommt es ab und an zu notwendigen Reduktionen. Doch nach welchen Kriterien wird entschieden, wer sterben muss und wer leben darf? Nach Alter? Nach Schönheit, wie es die Herrscherin zunächst für eine gute Idee hält? Nein, raffinierter: Die Menschen sollen selbst wählen, allerdings ohne zu wissen, worum es geht. Sie können sich zwischen zwei harmlos aussehenden Pillen entscheiden. Rosa oder weiß, das ist die Frage.
Und plötzlich befindet sich das Publikum mitten im Spiel: Jeder muss aus den im Zuschauerraum angebotenen Schokolinsen selbst eine Wahl treffen. Wer rosa wählt, stirbt, so stellt sich heraus. Die Weltherrscherin muss nicht befürchten, dass das faule Spiel auffliegt, denn es gibt keine Medien mehr, die über die Häufung unerwarteter Todesfälle berichten könnten.
Ausgang bleibt offen
Doch gibt es eine Untertanin, die nicht zufrieden ist und es wagt, die Dinge in Frage zu stellen. Offiziell für eine ehrenhafte Sonderaufgabe ausgewählt, wird sie deshalb abgeführt und mit Folter bedroht.
Sie kann fliehen und versucht, die anderen Menschen zu überzeugen, dass etwas geschehen muss. Begleitet wird die Handlung von der Figur der Weisheit und dem Erklärbären. Mit Zitaten aus der Geschichte der Philosophie von Heraklit bis Kant zeigt sich die eine dem Schicksal Menschen gegenüber indifferent – „Die Welt dreht sich weiter“ – während der andere als Anhänger der Aufklärung um das Glück der Menschen besorgt ist: „Es muss doch möglich sein, das Menschen frei leben und nicht aufhören, Fragen zu stellen!“
Bestechend ist der offene Ausgang des Stücks: Alles scheint weiter zu gehen wie zuvor – oder ist doch wenigstens ein Zweifel gesät?
Spielerinnen: Jonna Püschel, Tanja Richter, Mareike Manns, Malin Baumann, Milan Neeser, Anna Häring, Mareike Gärtner, Fione Matlock, Ricarda Neumeister, Lena Rudolph, Clara Hofmann, Elena Gross, Anabel Rothenheber, Leonie Roth
Technik: Carlotta Seibold
Spielleitung: Fr. Ehret-Jeltsch