Theater der LFS: Schillers Räuber und blutrünstige Werwölfe
10.06.2025Theatergruppen zeigten im Parktheater beeindruckende EigenproduktionenSchillers „Räuber“ als Schüleraufführung? O weh...! Und am Ende? Oha! Die Theater-AG der Klassen 9 und 10 hat den großen Stoff aus dem 18. Jahrhundert um zentrale Motive wie Rache, Verzweiflung und Sühne in eine moderne, zeitgemäße Eigenproduktion gepackt, mit eigener Sprache, grob angelehnt an das Original, dennoch mit deutlich kritischen Untertönen, flott erzählt und mit vielen Fragen an den Dichter und Philosophen.Nach knapp einer Stunde Spielzeit braust Beifall auf. Das Publikum beim Theaterabend der LFS im recht gut besuchten Parktheater ist schier hingerissen, verfolgt mit großer Spannung die mit viel Fingerspitzengefühl umgesetzte Handlung, das temporeiche Spiel, die erklärende Moderation und ist schließlich begeistert. Und ehe das Licht im Saal endgültig angeht, kommt noch das bekannte Zitat des Räuberhauptmanns Karl „Dem Manne kann geholfen werden“ zu seinem Recht, der sich damit dem Kopfgeldjäger ausliefert. Das allerletzte Wort haben dann aber die übrigen Mitspielerinnen: Hä?Bis es so weit ist, steht der Bruderzwist zwischen Karl, dem klugen, begabten Erstgeborenen und Lieblingssohn des Grafen von Moor, und Franz, dem hässlichen, gewaltbereiten Zweitgeborenen, „der alle Menschen hasst“ und seinem Bruder nicht nur dessen Verlobte Amalia neidet, sondern den eigenen Vater umbringen will, im Mittelpunkt. Die Geschichte voller Intrigen, Betrug, Hinterlist, Liebe und Mord, die Wandlung Karls vom Vorzeigesohn und Studenten zum Räuberhauptmann und das Ende mit Schrecken („Freiheit oder Tod?“) ist hinreichend bekannt. Und dennoch gibt es offene Fragen, die die Schülerinnen stellen wie „Warum gibt es nur eine Frau im Stück und warum muss ausgerechnet sie sterben?“, „Warum ist Franz so böse? Hatte er vielleicht eine schlimme Kindheit? Wollte der Dichter uns das Böse der menschlichen Natur zeigen?“ Und die Antwort lautet immer: „Da müsst ihr Schiller fragen.“Der Theatergruppe der Neunt- und Zehntklässlerinnen ist es mit Bravour gelungen, das 1782 in Mannheim uraufgeführte Drama von Friedrich Schiller, das sicher nicht unbedingt zur Lieblingslektüre junger Menschen zählt, so packend, mit eigenen Worten und zeitnahen Bezügen darzustellen, dass sich die Besucher tatsächlich von der ersten Minute angezogen fühlen und sich in das Geschehen hineinversetzten. Aber die turbulente Räubergeschichte war nicht die einzige Aufführung am Theaterabend der LFS. Wie sehr das kreative Spiel und die Experimentierfreudigkeit gerade an dem Mädchengymnasium gefördert wird, zeigten drei weitere Gruppen mit ihren Eigenproduktionen.Werwölfe und verrückte TherapiestundenAuf aufwändige Kulissen und pompöse Kostüme wurde jeweils verzichtet – und sie wurden keine Minute vermisst. Ganz offensichtlich eine Menge Spaß hatten die 13 Schülerinnen der Kreativgruppe der Klasse 5 und 6 bei der Inszenierung des Stücks „Und was machen wir jetzt?“, das herrlich offen und humorvoll ein Stück weit deren Gedanken und Alltag widerspiegelte. Ein Klassenausflug steht an, und die meisten wollen „etwas Aktives machen. Minigolf, Klettern, Vergnügungspark, Museum oder doch lieber eine Wanderung mit Lagerfeuer?“ Der letzte Vorschlag gewinnt und was passiert? „Ich habe nur einen Balken“ – gemeint ist natürlich der Handy-Super-GAU, kein Empfang. Also „was machen wir jetzt?“ Witze erzählen, Musik, Marshmallows grillen oder Gruselgeschichten erzählen? Schnaken sind im Anflug, die Füße schmerzen und doch „ist hier alles total schön“. Die Mischung aus Freundschaft, Abenteuer und Grusel macht auch den Zuschauern, die sich sichtlich amüsieren, Riesenspaß.Das beliebte Kartenspiel „Die Werwölfe“ hat sich die Theater-AG der Klassen 7 und 8 vorgenommen und nach dem Austeilen der Karten alle Rollen chirurgisch präzise seziert. Alle Figuren werden zum Leben erweckt und „alle wollen Jäger sein, weil die Dorfbewohner immer Pech haben, nix tun und gefressen werden“. Dass sich das ganze Szenario in Bensheim abspielt („Wird hier ein Film gedreht? Wo ist das Casting? Gibt es nicht. Es sind einfach Werwölfe“) erhöht naturgemäß die Spannung, insbesondere dann, wenn das laute Geheul oder das Geschmatze der blutrünstigen Biester, die auch „Menschen, die sich vegan ernähren“ vertilgen, zu hören ist. Unter die gefräßigen Mischwesen, die Jäger und die Dorfbewohner mischen sich weitere Charaktere wie die 84 Jahre alte Hexe, die Seherin, die Polizei, Liebesgott Amor und das Blinzelmädchen. Alle mit unterschiedlichen Eigenschaften und Talenten. Auch beim „Werwolf“ ist die Spielfreude der Nachwuchsdarstellerinnen an deren Mimik und Gestik deutlich zu sehen und zu spüren – und der Humor ist immer zur Stelle. Angeleitet wird die Überlebensstory von einer Erzählerin.Zu guter Letzt lassen es sich vier Schülerinnen der E-Phase nicht nehmen, ebenfalls die Bühne zu rocken, und zwar mit einer eigens entwickelten „Verrückten Therapiestunde“, einer geldgeilen Psychotante und vier Patientinnen mit verschiedenen Ticks.Die Schauspielerinnen und Mitwirkenden„Räubertheater“: Anna Bergschneider, Islam Dahlo, Moa Hanisch, Evelin Karb, Paula Meyer, Luise Möhler, Leona Neubauer, Celine Schader, Hannah Schütz, Marlene Spreng, Finja Strieder und Nelli Vogel„Werwolf“: Eva Boeddinghaus, Anna Engelhardt, Paula Götz, Sofia Marsch, Anna Neundörfer, Sophie Ritter, Loa Sauvonnet, Meike Schütz, Anna Wildner und Hanna Zimmermann. Sophie Maurer musste wegen eines gebrochenen Arms kurzfristig absagen.Die Spielleitung hatte bei beiden Stücken Christiane Ehret-Jeltsch.Kreativgruppe: Christin Engelbracht, Pauline Faulhaber, Frida Jakob, Victoria Kiethe, Tilda Molenda, Sophia Raab, Ella Schütz, Maila Thaller, Marie-Sophie Mehl, Pauline Schubert, Antonia Töpfer, Johanna Höhn und Jill Schumacher, Spielleitung: Heike Schäfer-Rehn.Therapiestunde : Amelie Auer, Lena Bernet, Nina Jahnel und Frieda Kaffarnik.Technikteams: Nora Kifani, Caroline Luley und Emma Hofmann.Quelle: Bergsträßer Anzeiger vom 5.6.2025. Von Gerlinde Scharf