Besuch in der Liebfrauenschule Bensheim: Ängsten nicht zu viel Raum geben

BA, red, 23.03.2022

Schule in der Pandemie – Dekan Arno Kreh informierte sich bei LFS-Schulseelsorgerin Carmen Oesterreich

Die Coronakrise hat Folgen für das Wohlbefinden und das Lernverhalten von Schülerinnen und Schülern. „Wir fangen gerade erst an, die Pandemie zu verarbeiten“, sagte Pfarrerin und Schulseelsorgerin Carmen Oestreich bei einem Besuch des Bergsträßer Dekans Arno Kreh in der Bensheimer Liebfrauenschule.

Pfarrerin Oestreich hat nach eigenen Angaben noch nie so viele Seelsorgegespräche geführt wie jetzt. „Das reicht von Verlustängsten über Essstörungen bis zu Selbstmordgedanken.“ Erschwerend komme jetzt der Krieg in der Ukraine hinzu. „Angst auf Angst ist ungesund.“ Sie versuche den Schülerinnen zu vermitteln, den eigenen Ängsten nicht so viel Raum zu geben und sich eher auf die eigenen Stärken zu besinnen.

„Verlust an Lebensqualität“

Marie, Friederike, Luisa, Kim und Emily – allesamt Schülerinnen der 12. Klasse des Bensheimer Mädchengymnasiums – beklagen das Unverständnis, das ihnen mitunter begegnet. „Das Teenager-Leben wurde uns in der Pandemie genommen. Manche Erwachsene verstehen einfach nicht, warum ich manchmal so traurig bin“, sagt Luisa. Ähnlich äußert sich Marie: „Ausgehen, tanzen, andere Leute kennenlernen war zeitweise gar nicht möglich. Das ist schon ein Verlust an Lebensqualität“.

Den Lockdown mit Online-Unterricht erlebten die Schülerinnen als besonders schlimm. Es habe keine Möglichkeit gegeben, sich mit anderen auszutauschen und zu vergleichen.

„Ich habe mich manchmal gefragt, bin ich etwa die Einzige, die das jetzt nicht verstanden hat“, meint Friederike, die selbst mit dem Virus infiziert war. Und ihre Mitschülerin Emily betont: „Ich brauche den Lehrer vor mir und ich brauche meine Mitschülerinnen.“

Kim bedauert, dass sie in der Online-Zeit wenig Freude an der Schule hatte. „Die sozialen Kontakte haben mir sehr gefehlt und Nachfragen bei den Lehrern waren kaum möglich.“ Luisa hat sogar das Klingeln zum Ende einer Unterrichtsstunde vermisst. „Online hatte ich immer das Gefühl, es ist nie vorbei.“

Auch jetzt im Präsenzunterricht sei das Lernen schwieriger. „Die Maske schafft Distanz. Man kann die Mimik nicht erkennen und damit weniger einschätzen, wie das ankommt, was ich sage“, betont Marie unter Zustimmung ihrer Mitschülerinnen und der Schulseelsorgerin. „Ich habe schwarzen Humor. Doch wenn man die Mimik nicht sieht, denken viele, das sei ernst gemeint. Seit Corona mache ich weniger Witze“, bedauert Carmen Oestreich. An Hessens Schule besteht zwar keine Maskenpflicht mehr, aber in der Liebfrauenschule tragen nahezu alle eine Maske.

Dekan Arno Kreh dankte den Schülerinnen, dass sie die Abstands- und Hygieneregeln auch zum Schutz anderer solidarisch mitgetragen hätten. „Ich bin zuversichtlich, dass sich die Lage weiter normalisiert und hoffe, dass es nicht wieder, Coronabi – Wir waren mit Abstand am besten’ heißt und ihr im Sommer einen rauschenden Abi-Ball feiern könnt.“

Arno Kreh (l.) und Carmen Oestreich (r.) mit Friederike, Marie, Luisa, Kim und Emily aus der 12. Klasse. Die Schülerinnen wollen am besten ein gutes Abi machen – aber nicht mehr mit Abstand.