Die Liebfrauenschule atmet durch. Von der Schockstarre nach der Ankündigung des Bistums Mainz, die Trägerschaft für die private katholische Mädchenschule aus wirtschaftlichen Gründen zu beenden, ist man inzwischen ein gutes Stück weit entfernt. Die große Verunsicherung über die Zukunft der Schule ist einem vorsichtigen Optimismus gewichen.
„Es sieht wirklich gut aus. Wir sind auf einem guten Weg und werden dabei nicht allein gelassen“, beschreibt Schulleiterin Sabine Nellessen-Kohl die aktuelle Situation und nimmt Bezug auf laufende Gespräche von Bistumsvertretern, Landrat und „mehreren potentiellen Interessenten“, die als freie Träger in Frage kommen. Dabei spiele auch die Standortfrage eine Rolle – „und da können wir gut mithalten.“ Das Hessische Kultusministerium (Referat für Freie Schulen) habe sich ebenfalls eingeschaltet.
Landrat Christian Engelhardt ergänzt: „Wir sind zuversichtlich, dass auch nach einem Träger-Wechsel der Charakter der Mädchenschule mit christlicher Ausrichtung und Realschulzweig erhalten bleibt. Es gibt einen großen Bedarf, und es ist gut für unsere Bildungslandschaft und die Bergstraße, dass wir eine private Mädchenschule in Bensheim haben.“ Eltern müssten sich also keine Sorgen machen, so Engelhardt weiter, ob ihre Kinder ihre schulische Laufbahn an der LFS beenden können: „Es gibt eine Zukunft.“ Gleichwohl betont er, dass der Kreis als öffentlicher Schulträger diese Aufgabe nicht übernehmen werde.
Konkrete Namen von Interessenten wollen zum jetzigen Zeitpunkt allerdings weder Nellessen-Kohl noch Engelhardt nennen, sondern erst „wenn es zu einer Einigung gekommen ist. Die Gespräche verlaufen sehr positiv.“ Das Bistum sei sich seiner Verantwortung bewusst und habe zugesagt, die Schule bis zu einem Abschluss einer neuen Trägerschaft „voll zu unterstützen.“
Gesucht werde nach einem gemeinnützigen Träger, der es nicht auf Gewinn abgesehen hat, sondern die Mädchenschule in ihrer jetzigen Form erhält, ausbaut und modernisiert: „Es gibt keinen festen Termin für den Rückzug des Bistums.“ Es bestehe eventuell sogar die Möglichkeit, dass das Bistum „bestimmte Prozente“ beibehalte.
Bei dem Pressegespräch, an dem auch die Elternbeiratsvorsitzende Safia Sharif, die beiden Schulsprecherinnen Nathalie Parakenings und Mariana Lufinha sowie Norbert Löw von einer eigens gebildeten Projektgruppe aus Eltern, Lehrern und Ehemaligen teilnahmen, zeigt sich Nellessen-Kohl außerdem „sehr erleichtert“, dass eine „kompetente Nachfolgerin gefunden wurde, der die Schule am Herzen liegt und die unsere Schule von innen kennt“. Sabine Nellessen-Kohl geht Ende Januar 2021 in den Ruhestand. Am 1. Februar wird wie bereits berichtet Ursula Machnik ihren Dienst in Bensheim antreten. Am Mittwoch stattete die zukünftige LFS-Direktorin ihrer neuen Schule einen ersten Besuch ab.
Nellessen-Kohl berichtet weiter über derzeit circa 90 Voranmeldungen von Fünfklässlern, „nur geringfügig weniger als im Vorjahr. Richtig los geht es erfahrungsgemäß erst nach Weihnachten.“ Als Besonderheit eines Mädchengymnasiums nennt sie den Ausbau des MINT-Zweigs und die Perspektive, demnächst Informatik als separates Unterrichtsfach anbieten zu können: „Eine tolle Sache.“
Für künftige Schulanfängerinnen habe man ein tragfähiges Konzept mit Einzelgesprächen für Eltern und digitalen-Info-Abenden für kleine Gruppen entwickelt, so dass Zeit und Raum für Fragen bleibe. Außerdem habe man einen Film gedreht, der demnächst auf die Homepage der Schule gestellt werde und über die verschiedenen Angebote informiere.
Einen extra Dank richtet die Schulleiterin an all die Menschen, Institutionen und politischen Parteien, welche die LFS in den vergangene Wochen und Monaten unterstützt und gestärkt und damit ihre Wertschätzung für die Mädchenschule gezeigt haben: „Das hat sehr gut getan, und wir haben an Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen gewonnen.“
Derzeit besuchen die Liebfrauenschule 934 Schülerinnen. 67 Lehrer und acht bis zehn Referendare unterrichten am Gymnasium und am Realschulzweig. Auch das Thema Corona spart Nellessen-Kohl nicht aus und spricht von „einzelnen Fällen. Aber wir waren zu keiner Zeit ein Hotspot.“